Es gibt rohe, unglasierte Keramik, und glasierte. Nehmen Sie eine Kaffeetasse in die Hand. Das ist fast immer glasierte Ware. Wie fühlt es sich an ? Was sagt der Tastsinn? ist es angenehm, gerade diese Tasse in der Hand zu haben? Wie fühlt es sich an, wenn die Lippen den Rand berühren? Im Grunde ist diese hauchdünne Glanzschicht auf der Espressotasse nichts anderes als Glas.
Glasuren sind sinnvoll, wenn ein Gefäss später wasserhaltige Substanzen beinhalten soll. Glasuren machen Sachen dicht. Es ist aber eine andere Faszination, die von einer fehlerlos glänzenden, glatten Oberfläche ausgeht.
Wie ist so eine Versiegelung ?
Wie alles in der Keramik, entsteht eine Glasur nur durch die Einwirkung von unbeschreiblich grosser Hitze. Der Gegenstand wird so heiss gemacht, dass Gestein schmilzt. Erst wenn das tönerne Gefäss selbst im Ofen geschmolzen ist, kann sich die Glasurschicht mit dem Keramikobjekt verschmelzen. Bei einem Vulkanausbruch ist dieses Phänomen als Naturschauspiel zu studieren. Das Magma erstarrt, wie Keramik, an der Oberfläche wieder zu Stein. Genauer untersucht diese Vorgänge die Chemie. Sie erklärt eben solche Umbauten von Molekülen, den Abspaltungen und Umwandlungen der Elemente. ( Weiterführende Literatur: Wolf Matthes. Keramische Glasuren, Hanusch Verlag, 2012)
Nur zur Frage der Sicherheit: Als kleine Studiokeramikerin beutze ich einen Brennofen der Firma Rhode, der auf allen Seiten mit feuerfesten Wänden isoliert ist. Die Wärme bleibt drinnen, und die Feuergefahr ist gebannt.
Glas
Im Grunde ist diese dünne Glanzschicht auf der Espressotasse nichts anderes als Glas.
Beispiele für einige Glasurversuche
glänzend oder matt
durchsichtig oder opak
farbig oder farblos
carraquelée oder homogen
Bei der Suche nach einer Oberfläche, die dem Künstler Freude bereitet, gibt es viel zu beachten. Fragen über Fragen müssen beantwortet werden.
Welche Dimensionen hat mein Projekt
Für Gegenstände ab einem halben Meter ist es nötig, die Tonmasse mit sogenannter Schamotte zu vermengen. Das sind klein verriebene gebrannte Keramikscherben, die dafür sorgen, dass die Gefässwand nicht so leicht in sich zusammensinkt.
Welche Tonmasse ist dafür geeignet?
Nehme ich hellen oder dunklen Ton, oder sogar roten oder weisse Porzellanmasse?
Wie hoch ist die Brenntemperatur dieser Tonsorte?
ab 124o Grad Celsiuns kann man davon ausgehen, dass ein Gefäss dicht gebrannt ist. Temperaturen darüber sind zwar möglich, aber nicht wirklich notwendig. Wird ein Krug zum Beispiel weniger hoch gebrannt, bleibt er porös. Das kann praktisch sein bei einem Wasserkrug beispielsweise, denn die Prosität lässt Wasser von innen nach aussen dringen. An der äusseren Oberfläche kühlt die entstehende Verdunstungskälte das ganze Gefäss ab, und damit auch das Wasser im Inneren.
“Glasur ist die Identität der Gegenstände”
Glasur ist ein Gemisch von:
Kreide, Quarz, Ton, Feldspat und Wasser
Aus diesen vier Rohstoffen lässt sich eine Grundglasur herstellen, die eine durchsichtige, haarissige Glasur auf Steinzeugton ergibt. Das Resultat lässt sich je nach Gewichtanteil der feinen Pulver präszise verändern.
In Wasser aufgeschlämmt, lässt sich sogar noch die spezifische Dichte der entstandenen Emulsion exakt regeln. Die Dichte ist wiederum dafür verantwortlich, wie dick die Schichte ist, die der poröse Scherben trägt. Somit ist das Wasser wesentlich beteiligt an der Dicke der Glasurschicht auf dem fertigen Produkt.
Viele Keramiker verbringen ihr ganzes Leben damit, an den Glasurzusammensetzungen herumzufeilen.
Verschmelzung
Wie in einer Zauberkiste, verwandeln die trockenen Rohstoffe, die wie dicke Puderschichten die halbfertigen Keramikschalen und Figuren umhüllen, sie in die erstaunlichsten Kostbarkeiten.
Es ist für mich wie für die erfahrensten grossartigen KeramikerInnen auf der ganzen Welt ein Moment des Innehaltens, wenn der Ofen aufgeht.
Ein Blick hinein, ob alles noch steht. Ein zweiter, ob die Glasuren fehlerhaft geschmolzen sind.
Dann heisst es warten, bis die Digitalanzeige nur noch 100 anzeigt, und Türe in einem Moment des Mutes, weit aufgemacht wird.
Farben aus den weissen Pulvern
Die meisten färbenden Zusätze halten den Temperaturen über 1000° gar nicht Stand. Sie verdampfen einfach. Es ist also gar nicht selbstverständlich, dass diese Teetasse überhaupt eine andere Farbe hat, als die der Tonmasse , die in den meisten Fällen Eiseneinschlüsse hat, die sich in rötlichen Tönen ausschmilzt.
Ich liebe Glasuren, wegen ihrer Geschichte
Historische Glasuren
Besonders interessant ist die Entstehungsgeschichte der Glasuren zu ergründen. Vielleicht war die Beobachtung der Natur das Entscheidende. Wenn der Blitz bei einem Gewitter in den Wüstensand einschlägt, entstehen dabei bizarr geformte Glaskörper. Der Grund ist das Schmelzen der Quarzkristalle des Sandes zu Glas. Vielleicht war es auch einfach so, dass in offenen Feuern etwas erdiges oder sandiges zu einem harten Gegenstand verschmolz, und tapfere Menschen dieser Beobachtung nachgingen, und Perlen aus Steatit machten, die sich zu Schmuck verarbeiten liessen. Die Folge war die Erzeugung kleiner Figürchen. Der Zweck war immer der Religion bzw. einer bestimmten Spiritualität zugeordnet- Bis jemand auf die Idee kam, Geschirr aus gebrannter Erde zu machen, mussten noch ein paar tausend Jahre vergehen
Gustav Weiss hat einen spannenden Artikel über die Herkunft von Glasuren geschrieben. Er stellt darin einige wahrscheinliche Gründe dar, wie es zur Entdeckung des Glasierens gekommen sein könnte.
Beim nächsten Blogartike geht es um die Beziehung zwichen Gehirn und Hand