Wie jedes Jahr gibt es diese Zeit, wo alles unter Druck steht. Seit ich denken kann, begann mit einem Mal eine bestimmte Hektik, eine angestrengte Betriebsamkeit, die sich um Haushaltsangelegenheiten drehte. Und natürlich ums Essen. Worauf ständiges Geklapper in der Küche folgte, Putzen von Küchengeräten und Arbeitsflächen, Schreiben nie vollständiger Einkaufslisten, und die Besorgungen exotischer Zutaten.
Das Zentrum von Weihnachten ist die Küche. Eindeutig. Es geht um nichts anderes, als das Essen. Vor dem Fest geht es darum, dass alle ihren Senf dazu geben, was wie wann gekocht wird. Ich denke, dass es der Dezember war, an dem sich viel mehr um das Tafelgeschirr gedreht hat als zu irgendeiner anderen Zeit im Jahr. Es wurden Bestandsaufnahmen gemacht, welche Gefässe zum Auftragen welcher Speisen gebraucht werden würden. Und waren diese nicht vorhanden, musste dafür gesorgt werden, dass sie vor dem Weihnachtsabend zur Verfügung stehen.
Brauchtum Nikolaus
In meiner Erinnerung beginnt die spannende Zeit vor Weihnachten am Nikolausabend. Diesem ominösen sechsten Dezember, als in der verschneiten Landschaft bei meiner Grossmutter in Unterkärnten sich die Dreiergruppe Gruppe bestehend aus uraltem Mann, Engel und Teufel dem Haus näherte. An die hereinwehende Kälte kann ich mich erinnern, aber vor allem an die Ehrfurcht. Die Erstarrung vor Angst, als der alte Herr im weissen Kleid sich danach erkundigte, ob die kleine Astrid ein braves Mädchen gewesen war im vergangenen Jahr. Und brav war wohl das letzte Adjektiv, das meiner Mutter für mich einfiel. Also war ich aufs Schlimmste gefasst. Draussen hopste ja schon der Teufel, sich in Wahrheit vielleicht mit Turnübungen erwärmend, immer auch auf seine Beute spähend.
Wie gesagt, das Essen. Der Nikolo brachte Äpfel, Nüsse und Mandarinen mit und liess mich gnadenhalber am Leben. Der erste Stress war also überstanden. Er und der buchtragende Engel, dessen Bedeutung mir nie jemand erklären konnte, waren wieder in der Dunkelheit verschwunden, und es ging ans Essen. Wohl verdient, wie es schien, wurden Erdnüsse geschält, ein bisschen Schokolade war wohl auch dabei, vor allem aber die Mandarinen, die ich bis heute liebe. So leicht zu schälen, duftend, nicht zu sauer und nicht zu süss, die Spalten in angenehmer Grösse. Und da gab es Lebkuchen. In allen möglichen Grössen, mit oder ohne Füllung. Dann gab es den berühmte Zwetschkenkrampus ist ein Drahtskelett mit aufgefädelten Dörrpflaumen und Feigen. Die standen in meiner Kinderzeit vor allem in den Bäckereien in den Auslagen, perfektioniert mit aufgeklebter Papierzunge und Papieraugen. Schwarz wie die Hölle. Gegessen habe ich von einer solchen Figur nur ein einziges Mal in meinem Leben mit einem ganz besonderen Menschen. Aus heutiger Sicht war das die Überwindung alles Schrecklichen, oder dessen Versuch.
Es ist das einzige Mal im Jahr, dass Lebensmittel in Schuhen zu finden sind. Auch die Säcke aus Krepppapier, die extra für diesen Brauch hergestellt werden, fallen aus dem üblichen Rahmen.Bemerkenswert ist für mich die Formlosigkeit, mit der die Nüsse, Äpfel und das süsse Brot gegessen werden. Irgendwo stehend, kaum auf herunterfallende Brösel achtend, wie eine unbedeutende Jause.
Jetzt nähern wir uns dem Weihnachtsessen
Das ist eine ernsthafte Angelegenheit. Wer wann das traditionelle Weihnachtsmahl wo herrichtet, das ist oft eine monatelange Organisationsaufgabe. Dabei spielt die Familie die wichtigste Rolle. Diplomatie ist entscheidend, um herauszufinden, bei welcher Grossmutter man den 24. Dezember abends feiern würde und bei wem das Mittagessen am eigentlichen Weihnachtsfeiertag, dem 25. Dezember.
Was wird gegessen und wie werden die Speisen aufgetragen
Wobei wir mitten Kern der Sache angelangt sind. Wie geht essen ohne Geschirr, ohne Teller, Schüsseln, Bechern, und dem Essbesteck. Wenn etwas uns so nahe kommt wie ein Trinkgefäss, das wir mit den Lippen berühren, was wir sonst nur mit wirklich geliebten Menschen tun, achte ich sehr genau darauf, wie dieses Objekt beschaffen ist. Es sind aber nicht nur die Trinkgefässe so wichtig, sondern auch die Essteller, die gross genug sein sollen für die Speisen, aber klein genug, damit sie auf den Esstisch passen. Ich glaube, jeder kennt den Punkt, an dem der Genuss einer Speise in einen Kampf mit Geschirr und Besteck umschlägt. Daher meine Beobachtung: je passender die Gefässe für unsere Speisen, desto weniger Druck herrscht bei den zwischenmenschlichen Interaktionen. Gutes Geschirr sorgt für eine entspannte Gesprächsatmosphäre. Wirklich grosse Probleme von Familienangehörigen miteinander sind so wenigstens etwas gemildert, oder auf nach dem Essen verschoben. Wobei da wiederum eine prall gefüllte Weihnachtskeks-Platte die Gemüter derart zu besänftigen in der Lage ist, dass die gefürchtetsten Streithähne erschöpft in sich zusammensinken.
Wen’s interessiert, für den habe ich ein paar Bilder aus den Weiten des (Schweizerischen) Internets gefischt, die mir gefallen, und die meiner Vorstelung von schönem Festtagsgeschirr entsprechen. Ihr findet noch viele andere Beispiele auf der Seite https://swissceramics.ch/
Bilder von links nach rechts:
https://www.sibyllebruengger.ch/steinzeug/
Der Fantasie sind bei der Gestaltung einer schönen Tischlandschaft keine Grenzen gesetzt. Dabei geht es gar nicht darum, immer wieder neue Wegwerfgegenstände anzuhäufen. Mir ist es wichtig, dass sich die Dinge mit schönen Erinnerungen aufladen. Für mich beinhalten Teller und Tassen immer auch frohes Gelächter, Freude am Teilen und Dankbarkeit für gemeinsam verbrachte Zeit.