Teil 2, Gehirn und Gestalten, Interview mit dem Hirnforscher Prof. Patrik Michel, Lausanne Teil 2
Die Motorik
Der motorische Vorgang der Berührung beinhaltet sowohl weite Hirn-Areale die für das Vorstellungsvermögen zuständig sind, als auch solche, die komplizierte motorische Abläufe planen, und solche, die sie ausführen. (letzteren nennt man den motorischen Kortex)
Beim aktiven Gestalten selbst wird fortlaufend jede sensorische Information, die sich beim Ertasten, beim Erspüren ergeben, wieder ans Gehirn zurück geliefert, wodurch die Abläufe ständig angepasst werden. Man verändert also immer weiter in minimaler Weise seine Bewegungen.
Bildet das Gehirn mit den Nerven der Händeneine Einheit?
Man kann sich diesen Vorgang des Gestaltens als mehrere ringförmige Schleifen vorstellen.. Die wichtigste Schleife ist die vorhin erwähnete motorisch/sensorische. Dazu kommen die Augen, also der Sehsinn als wichtiges Instrument. .Wenn man seinen eigenen Händen zuschaut, was sie da formen, wird diese Erfahrung in die Bewegung eingespeist, und modifiziert sie damit. .Dies kann auch geschehen durch etwas das man hört, etwas einem Geräusch das bei der Bearbeitung entsteht.
Dazu kommt noch eine Nerven-Bahnen-Schleife am Ende, wo Vorstellungen und Ideen, des zu gestaltenden Kunstwerkes. Es werden noch emotionale und seelische Vorgänge in die Hauptschleife (sensorisch/motorisch) hineingebettet.
Ich stelle mir das so vor: die Informationen schiessen mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Nervenbahnen von den Händen ins Gehirn und zurück. Wie bei einer Rohrpost.
Was bringt die Hände dazu sich zu bewegen?
Antwort:
1. Aus der Absicht ist die mal da, wird ein Hirnareal aktiviert, das eine Handbewegung plant
2. Dieses Signal gelangt zu den motorischen Neuronen in der Hirnrinde, (links die rechte Hand und rechts die linke Hand)
3. Das elektrische Signal gelangt mit einem langen Nervenstrang zum Rückenmark gesendet, von wo es auf ein zweites motorisches Neuron überspringt, das in den Armnerven im Unterarm verläuft und bis zu den Muskeln weitergeleitet wird , die die Finger der Hand bewegen.
Frage: wie wichtig ist die Berührung der Materie bei der Gestaltung?
Antwort: Die gestaltende Hand bekommt sowohl die direkte Information der Berührung über die Hand-Nerven zurück, als auch Informationen über ständig sich ändernde Position von der Bewegung der Finger und Hände. Beide Informationen gelangen zuerst in den Sensorischen Kortex (links und rechts jeweils in die gegenseitige Hirnhälfte) Dort werden alle diese Informationen der Nerven analysiert und interpretiert
Frage: Was passiert dann mit dieser Information?
Antwort: Sie wird mit den visuellen und auditiven Inputs und Feedbacks verknüpft und ständig mit der inneren Vorstellung des Kunstwerks abgeglichen.
Der Gestalter hat dann die Wahl, seinem Objekt eher die ursprünglich imaginierte Gesatal zu geben, oder sich von dem sich formenden Eindrücken beeinflussen zu lassen, und die Idee zu verändern oder anzupassen. Dasselbe gilt auch für neu entstehende Gefühle, und Ideen während dem Entstehen.
Deshalb ist sowohl die Materie, die Situation in der man gestaltet, und sein eigener Gemütszustand entscheidend dafür, was am Schluss entsteht.